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Wie Bindung beginnt

Bindungssicherheit als Voraussetzung für spätere Liebe und Fürsorge als Liebescode

Der biologische Liebescde und die Bedeutung von Sicherheit

 

Gestern bekam ich einen interessanten Artikel zu sehen:  Forscher zeigten, dass der besondere Duft, der vom Kopf eines Neugeborenen ausgeht, entscheidend zur spezifischen Mutter-Kind-Bindung und zur Wiederkennung des Babys durch die Mutter beiträgt. (Artikel)

 

Neben der vorgeburtlichen Bindung, die eine werdende Mutter bereits aufbaut und neben dem starken Bindungseffekt einer erfolgreichen Geburt mit ihrem Hormoncocktail aus Oxytocin und Endorphinen, hat der unmittelbare Erstkontakt nach der Geburt entscheidenden Einfluss. Der unvergleichliche Geruch des Babys und das gegenseitige Ansehen und Kennenelernen regt nicht nur die Stillfähigkeit an, sondern lässt prägungsartig eine gegenseitige Liebesbeziehung entstehen. Das ist von der Biologie so vorgesehen und das haben wir über weitgehend mit allen anderen Säugetieren gemeinsam. Voraussetzung dafür ist, dass Mutter und Kind sich sicher und geborgen fühlen. Stress jeder Art behindert den Ablauf dieser biologischen Prozesse.

 

Sie gelingen nicht, wenn, wie bis in die 70er Jahre üblich, Babys sofort nach der Geburt von der Mutter getrennt und gewaschen werden. Auch nicht, wenn der Kreißsaal nach Medizin riecht, so dass das den zarten Duft des Babys überlagert. Dann fehlen sowohl der Mutter als auch dem Baby die beglückende bindungsstiftende Wirklung von Oxytocin. Statt dessen erleben beide viel Stress mit Cortisol, so dass anstelle der Bindungserfahrungen sich in das Gehirn die Reaktionsmuster auf Stress eingraben und für das weitere Leben bestimmend bleiben können. Solche  Praktiken der Geburtsgestaltung belegen, wie in der Vergangenheit systematisch die frühe Bindung behindert wurde (darum wird es in dernächsten Folge gehen). Veränderungen wurden erst in den 80er Jahren erkämpft.

 

Aber auch die heutige Medizin und Geburtspraxis ist nicht immer auf die Bedürfnisse von Mutter und Baby zugeschnitten. Noch ein Artikel von gestern beschreibt die Krankenhausbedingungen mit bis zu 5 Frauen gleichzeitig in den Wehen pro Hebamme und  Schichtwechseln als unzumutbar für die Gebärenden. (Artikel)

 

Ich habe mich damit und mit den Folgen für das soziale Miteinander in der heutigen Zeit ausführlich in meinem Buch auseinandergesetzt. Nicht nur die Bindungsfähigkeit der Babys wird damit gestört, mit allen Konsequenzen für das gesamte weitere Leben – auch die Fürsorgefähigkeit der frischgebackenen Mutter entwickelt sich dadurch nicht in der biologisch vorgesehenen Weise. Das Ergebnis einer solchen gesellschaftlichen Kultur der Bindungsbehinderung sind liebes- und gefühlsarme gestresste unsichere Erwachsene. Großangelegte Studien zum Bindungsverhalten Erwachsener u.a. in Deutschland belegen das.

 

Und hier schließt sich der Kreis: Fehlende Bindungssicherheit und ein dadurch verursachtes hohes Stresslevel behindern später im Leben die Fähigkeit, vertrauensvoll mit potentiell verunsichernden Situationen und Meinungen, mit Veränderungen, mit Fremdheit oder Andersartigkeit umzugehen.  Solche Bindungsmuster, werden als Probleme der Fürsorgefähigkeit und als eine starke Stressanfälligkeit über Generationen weitergegeben, wie die aktuelle Forschung dazu zeigt. Solche Verhaltensweise erleben wir gegenwärtig durchaus bei einigen Zeitgenossen.

 

Was wir aber für eine lebbare Zukunft brauchen, sind vertrauensvolle Kooperation, Fürsorge, Mitgefühl für die Welt ringsum und uns selbst als Art Mensch, also im weitesten Sinne eine Bindungs- und Liebsfähigkeit – den biologischen Liebescode.

 

Die hier erwähnten wissenschaftlichen Daten und Quellen sind nachzulesen im Buch. Buch bestellen