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Rezension "Aggressive Kinder"

Aggressive Kinder, Verhaltensauffälligkeit, Lösungen systemisch entwickeln, Bindung herstellen

Rezension von Anton Hergenhan: „Aggressive Kinder“, verlag modernes lernen, 2010, ISBN 978-3-8080-0656-6

Der Autor des Buches ,“Aggressive Kinder“, Anton Hergenhan, ist selbst als Psychologe in einer teilstationären Einrichtung für verhaltensauffällige Kinder tätig. Er hat im Verlauf seiner langjährigen beruflichen Arbeit mit diesen Kindern ein Konzept unter Nutzung verhaltenstherapeutischer, vor allem aber auch systemischer Methoden entwickelt. Dieses methodische Konzept, welches in seiner Einrichtung erfolgreich und praktisch wirksam angewendet wird, stellt er in seinem Buch vor.

Damit widmet er sich einem sehr aktuellen Problem auf dem Gebiet der Pädagogik. Angesichts steigender verbaler und tätlicher Aggressionen unter Kindern ist die Frage, wie mit aggressiven Kindern umzugehen ist, damit ein friedlicheres Miteinander möglich wird, für Lehrer, Erzieher und Eltern zu einem zentralen Thema geworden. In diesem Buch werden sie Anregungen finden, die sich in der Praxis umsetzen lassen. Es orientiert sich an der Praxis, am gelebten Alltag der Kinder und all derer, die mit ihnen umgehen, und gibt erprobte Anregungen für einen Leben miteinander, das Gewalt ausschließt.

In der praktischen Arbeit mit verhaltensauffälligen Kindern und wurden vom Autoren 6 basale Kriterien für systemisch heilpädagogisches Handeln entwickelt, die im Buch anschaulich und nachvollziehbar dargestellt werden. Diesen Kriterien vorangestellt wird ein Leitsatz, der im Buch mehrfach wieder auftaucht und den Rahmen für die Anwendung der Kriterien darstellt: „Das Kind hat Anspruch auf Führung und Information über seine Welt, es ist keine Erwachsener.“ behauptet Hergenhan und ist damit im Einklang mit den Kollegen seiner Einrichtung. Davon ausgehend werden die Kriterien entwickelt, in denen sich systemische Grundhaltungen unschwer wieder finden lassen: 1. Persönliche Präsenz; 2. Führung, die das Kind mündig sein lässt und respektiert; 3. Ausdrückliche Identifikation der Ressourcen, der Fähigkeiten; 4. Positive Beleuchtung des Symptoms; 5. Lösungsentwurf des Kindes; 6. Einbau des kindlichen Bezugssystems.

Diese Kriterien werden eingehend beleuchtet, in bezug auf systemische Theorie reflektiert und an praktischen Beispielen beschrieben. Systemische Ansätze werden konkret am Beispiel vorgestellt, ohne vorherige lange theoretische Abhandlungen. Das ist angenehm und hilfreich für den praktisch orientierten Leser, der sein eigenes Handlungsfeld erweitern will. Der theoretische Hintergrund wird jedoch vom Autoren nicht vernachlässigt. Indem er über Fußnoten zusätzliche Erklärungen, Hintergründe, Literaturverweise einfügt, kann der interessierte Leser mehr Informationen erhalten.

Diese basalenHandlungskriterien, so Hergenhan, erleichtern den Pädagogen die Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Reflexion ihrer eigenen Arbeit. Beim Lesen wird sehr schnell deutlich, welches Potenzial sich in der konsequenten Anwendung dieser Kriterien verbirgt, um ein Miteinander der Kinder untereinander, aber auch in bezug auf Erwachsene und Kinder, friedlicher und konstruktiver zu gestalten.

Einen wesentlichen Teil des Buches nimmt die Beschreibung einer Konfliktklärung in der Einrichtung Hergenhans ein. Dort kommen die Kinder selbst zu Wort, aber auch die systemisch arbeitenden Pädagogen. Ergänzend dazu ist ein ausführlicher Kommentar des Autors zum methodischen Vorgehen eingefügt. Die Umsetzung der 6 Kriterien im therapeutischen Gespräch wird sehr lebendig und anschaulich nachvollziehbar und lädt direkt zur Übernahme in eigenes pädagogisches und elterliches Handeln ein. Es erschließt sich dem Leser, durch welches genaue Vorgehen Frieden und Gewaltabbau im Gespräch mit den betroffenen Kindern erreicht werden kann und wie bereitwillig Kinder darauf eingehen, wenn ihnen gewaltfreie, sie respektierende, Lösungsmöglichkeiten für ihre Konflikte vorgelebt und nahe gebracht werden.

 

Ein empfehlenswertes Buch für den praktischen pädagogischen Alltag mit verhaltensauffälligen Kindern, aber auch mit Kindern überhaupt.
erschienen in: SozialExtra 3/4 2010 Anton Hergenhahn. Aggressive Kinder. S. 56

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